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TSB Flensburg |
31.08.2002, Stadion Eckerner Str., Oberliga Hamburg/Schleswig Holstein |
Beim Turn- und Sportbund Flensburg von 1865 besteht die seltene Situation, daß der
Fußball mit der Rolle als Randsportart klarkommen muß. Als Stammverein des Bundesligisten SG Flensburg-Handewitt hat man beim TSV die sportlichen Prioritäten klar gesetzt und das gilt auch finanziell. Der Fußball muß sich das Restbudget mit zahlreichen anderen Sportarten teilen, aber immerhin will man hier den Oberligaspielbetrieb langfristig finanzieren, sollten sich die Hausherren diesmal in der Liga halten können, die sie in den Jahren 1995 und 1997 nach jeweils einjährigen Gastspielen verlassen mußten. Das wird schwer genug werden für die Nordlichter, wie bereits der Saisonstart mit einem Punkt aus drei Spielen, einem 3:3-Remis gegen Concordia Hamburg, belegt, und heute gibt mit den Amateuren des FC St. Pauli eine Mannschaft ihre Visitenkarten an der Eckerner Straße ab, die im letzten Jahr nur knapp an der Oberligameisterschaft gescheitert und in den drei ersten Spielen der laufenden Saison ohne Punktverlust geblieben ist.
Nur die größten Optimisten würden wohl auf Seiten der Hausherren davon ausgehen,
^daß heute etwas für den TSB laufen könnte, und doch sieht es lange so aus, als sollten die Flensburger als Sieger vom Platz gehen. Der FC St. Pauli verschläft die Anfangsphase und sieht sich plötzlich mit 0:1 in Rückstand. Danach blasen die Hamburger zur Attacke, aber ein Tor will zunächst nicht fallen. Im zweiten Abschnitt findet der Ball dann doch noch den Weg ins Tor der Hausherren, beim ersten Mal bewahrt sie noch der Schiedsrichter mit dem wohl berechtigen Abseitspfiff vorm Ausgleich, aber kurz vor Schluß kommt es dann doch noch knüppeldick für die tapfer verteidigenden TSBler. In der 86. Minute kommt der FC St. Pauli zum Ausgleich und in der Nachspielzeit gelingt dann tatsächlich noch der Siegteffer für die Hamburger, wobei der Ball so gerade eben den Weg über die Torlinie findet und die Gastgeber so in tiefe Depression stürzt. Natürlich ist dieser Ausgang der Partie aufgrund der Spielanteile völlig verdient, aber dennoch ist er bei diesem Spielverlauf für den TSB gleichermaßen äußerst unglücklich und ist wohl selbst von Team und Anhängern der Gäste nicht mehr erwartet worden.
Wenn das Vorgesagte in bezug auf die Gästefans stimmt, so lassen sie sich das zumindest nicht
anmerken. Mit mindestens einem Fanbus und zahlreichen privat angereisten Anhängern kommen die Anhänger der St.-Pauli-Amateure auf die stolze Zahl von etwa 150 Leuten, die sich in zwei Blöcke aufteilen und unaufhörlich ihren FC nach vorne brüllen. Dabei mag natürlich auch ein wenig Sich-Selbst-Feiern eine Rolle spielen, doch der Support beflügelt das Team der Braun-Weißen in jedem Fall mächtig und trägt mit Sicherheit dazu bei, daß es noch zur Wende in der Partie kommt. Zu Spielbeginn zeigen die St. Paulianer übrigens noch ein Intro mit zahlreichen Fahnen und Doppelhaltern - offensichtlich ist heute die Ultra-Gruppierung Carpe Diem besonders stark vertreten - und zu Beginn des zweiten Abschnitts gibt es dann noch eine kleine Raucheinlage seitens der Gästefans und einen umfreiwillig komischen Auftritt des Stadionsprechers, der verkündet, er hoffe, daß diejenigen, die für den Rauch verantwortlich sind, ihn auch einatmen mußten. Ganz schön gehässig! Einen heimischen Fanblock gibt es übrigens auch. Hier finden sich exakt zwei Supporter ein, deren Aufgabengebiete offensichtlich exakt abgegrenzt sind: einer bedient die Trommel, der andere das Megaphon, wobei letzterer sogar ein keckes Scheiß-St.-Pauli zum Besten gibt. Innerhalb der St.-Pauli-Fanszene gibt es übrigens auch ein wenig Provokation, zum Beispiel in einem Sprechchor Große Fahne, keine Stimmung, Carpe Diem!, wobei schwer zu sagen ist, ob das nur scherzhaft gemeint ist, oder ob es eine leichte Spaltung in der Fanszene am Kiez gibt - was Ernsthaftes scheint es jedenfalls nicht zu sein.
Das Stadion an der Eckerner Straße ist eine etwas eigentümliche Erscheinung. Man betritt es
auf einem Niveau einige Meter oberhalb des Spielfeldes, wobei der Höhenunterschied auf einer Längsseite durch Betonstufen ausgeglichen wird. Im unteren Bereich finden sich hier höhere Stufen - möglicherweise zum Sitzen gedacht, aber ohne Bänke oder Sitzschalen -, im oberen Bereich flachere Exemplare und dazwischen eine deutlich breitere Stufe, die das Ganze in eine Art Ober- und Unterrang unterteilt. Damit hat es sich dann auch mit Ausbau, wobei hinter einem Tor eine steile Böschung bis auf des Niveau des Stadioneingangs kommt, wo hinter einem Weg das Vereinsheim des TSB Platz findet. Dieses Vereinsheim ist genauer gesagt im ersten Stock des Gebäudes untergebracht und bietet von einem Balkon aus die Gelegenheit, das Spiel aus extrem überhöhter Position zu verfolgen. Hier findet die eine Supportergruppe der Hansestädter ihren Platz, während sich der zweite Fanblock auf dem rechten Bereich der oberen Stufen niederläßt. Unmittelbar neben der eigentlichen Spielfläche befindet sich übrigens ein Nebenplatz, der im Gegensatz zum Hauptplatz mit Flutlicht ausgestattet ist. Eigentlich handelt es sich bei beiden Plätzen um eine durchgehende Rasenfläche, die nur mit ein wenig Baustellenband unterteilt ist. Trotzdem reagiert man beim TSB allergisch, wenn ein Spieler vor der Partie auf die Idee kommt, sich auf der falschen Seite des Absperrbandes warmzumachen, und ruft den Übeltäter auf, den A-Platz (zu) verlassen. Jenseits dieses Nebenplatzes gibt es übrigens noch einen kombinierten Handball/Basketball-Platz, der mit Holzbanden abgeteilt ist. Ach ja: während der Partie darf der A-Platz dann benutzt werden. Auch von den Gästen - sonst wäre es wohl nicht mehr zum 1:2 gekommen.
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