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Wales vs.Polen 1:2 |
Die Football Association of Wales - oder in Landessprache Pêl-droed Cymru - ist einer der ältesten Fußballverbände Europas, aber dennoch verfügt das Fürstentum im Südwesten der britischen Insel nicht wirklich über eine eigene Fußballtradition. Dieser Widerspruch klärt sich auf, wenn man sich klar macht, daß die Sportart Nummer 1 in Wales nicht Fußball ist, sondern das traditionell den gälischen Wurzeln näherstehende Rugby, und daß die Hinwendung der Waliser zum englischen Fußball so groß ist, daß es erst seit der Saison 1992/93 Ligabetrieb in Wales gibt. Zu diesem Zweck mußten die in halbprofessionellen englischen Ligen spielenden Teams mit Zwangsmaßnahmen gebracht werden - wer in den englischen Ligen verbleiben wollte, durfte seine Heimspiele nicht mehr auf walisischem Boden austragen. An die in den englischen Profiligen aktiven Teams aus Cardiff, Wrexham und Swansea wagte man sich dabei freilich gar nicht erst heran. Vor 1992 gab es in Wales nur einen Pokalwettbewerb, der jedoch auch schon mal von englischen Teams gewonnen wurde - zuletzt 1990 von Hereford United.
Dementsprechend dürftig sieht auch die Erfolgsbilanz der Nationalmannschaft aus, die gerade mal jeweils eine Endrundenteilnahme bei WM (1958) und EM (1976) ausweist - jedesmal war im Viertelfinale Schluß. Besser sieht es da schon bei den heutigen Gästen aus, können die Polen doch immerhin zwei WM-Bronzemedaillen (1974 und 1983), einen Olympiasieg (1972) und eine olympische Silbermedaille (1976) vorweisen. In den letzten Jahren blieben die Erfolge zwar aus, aber als Tabellenführer der Qualifikationsgruppe Europa 5 können sich die Adler Hoffnungen machen, daß diese Bilanz in nächster Zukunft fortgeschrieben werden kann. Zunächst läuft die Partie nicht ganz so, wie es sich der Tabellenführer wünschen würde, gerät Polen doch durch ein umstrittenes Tor - der Ball war nur knapp über der Linie, aber es war ein reguläres Tor, wie später die Fernsehaufnahmen beweisen - in Rückstand. Nach dem Ausgleich durch den schwarzen polnischen Stürmer Emmanuel Olisadebe haben die Waliser eine weitere große Chance zur Führung, als man das leere Tor nicht trifft, doch am Ende setzt sich die überlegene polnische Spielkultur durch und führt in der zweiten Hälfte zum verdienten Siegtreffer für die in Weiß angetretenen Gäste. Während sich das Waliser Publikum nicht unbedingt als sangesgewaltig präsentiert - nur gelegentlich gibt es mal was anderes zu hören als das eher nervige Getute zahlreicher Plastiktröten -, zeigen sich die polnischen Gäste als unermüdliche Supporter des eigenen Teams. Auch von dem zwischenzeitlichen Rückstand lassen sie sich nicht davon abhalten, mit ständigen Sprechchören ihre Elf anzutreiben. Das Millennium Stadium in Cardiff ist ein beeindruckendes Bauwerk, das von weitem zu sehen ist. Mit seiner ovalen Form und der Konstruktion mit hohen Säulen, von denen Trageseile ausgehen, erinnert es ein wenig an ein gigantisches Schiff. Innen findet man eine hufeisenförmige Anordnung einer dreistöckigen Tribüne vor, die hinter einem Tor unterbrochen ist, wo stattdessen eine zweistöckige Tribüne zu finden ist - die heute freilich nicht genutzt wird. Zwischen dem zweiten und dem dritten Rang finden sich VIP-Logen, in denen die als solche eingeschätzten Herrschaften das Spiel entweder durch die Logen-Scheiben oder aus davor angebrachten Kinosesseln verfolgen können. Die gesamte Arena ist mit Plastiksitzen in den grün-roten Landesfarben ausgestattet, wobei es im oberen Bereich des dritten Ranges noch ein paar blaue Sitze gibt, die mit der wellenförmigen Anordnung wohl das Meer symbolisieren sollen. Die Dachkonstruktion erinnert von innen stark an jene der Amsterdam-Arena, wie auch überhaupt ein stark arena-hafter Eindruck entsteht.
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