HNK Orašje
vs.
Široki Brijeg 3:1

Die Entscheidungen in der Premier Liga Bosnien und Herzegowinas sind bereits am vorletzten Spieltag gefallen, so daß die heutige Partie mehr oder weniger für die Galerie ausgespielt wird. Immerhin kommen die Gäste als frischgebackener Meister in die Kleinstadt an der Grenze zu Kroatien, konnten die Kicker aus dem an der gegenüberliegenden Seite des Landes bei Mostar gelegenen Široki Brijeg zum erstenmal in der Vereinsgeschichte den bosnischen Titel unter Dach und Fach bringen. Im jugoslawischen Fußball konnten die beiden heutigen Gegner übrigens niemals eine Rolle spielen, nach dem Krieg, der neben der Unabhängigkeit des Staates Bosnien und Herzegowina ein tiefes Zerwürfnis zwischen den Volksgruppen zur Folge hatte, spielten beide Mannschaften gemeinsam in der Liga des kroatisch-bosnischen Teilstaates Herzeg-Bosna. Die wurde zunächst mit der muslimisch-bosnischen Teilliga Bosnien-Herzegowina vereinigt und in der zweiten Spielzeit nehmen auch wieder die Vertreter des serbischen Teils des Landes Skrpska wieder am gemeinsamen Spielbetrieb teil. Zu dieser Wiedervereinigung des bosnischen Fußballs kam es sicherlich nicht zuletzt durch den Druck der UEFA, die den Teilligen die Startplätze im Europapokal verweigerte, aber vielleicht kann ja so der Sport bzw. Fußball zur Verständigung zwischen den Volksgruppen beitragen, bei denen die Vorbehalte gegeneinander ein knappes Jahrzehnt nach dem Krieg weiterhin immens sind.

Die Meisterschaften der letzten drei Jahre hat man jedenfalls - sicherlich nicht absichtlich - unter den Volksgruppen aufgeteilt, wurde doch im Jahr 2002 der FK Zeljenicar Sarajewo aus dem moslemischen Teil der Republik Meister, während der Titelträger des Jahres 2003 in Gestalt des FK Leotar aus dem serbischen Teil des Landes kam und der aktuelle Titelträger Široki Brijeg die kroatische Volkgruppe vertritt. Leotar schaffte es im Vorjahr übrigens gegen den luxemburgischen CS Grevenmacher, in die zweite Qualifikationsrunde der Champions League einzuziehen, wo man an Slavia Prag scheiterte. Noch erfolgreicher war Zeljenicar, das sogar nach Siegen über den IA Akranes (Island) und den Lillestøm SK (Norwegen) erst in der entscheidenden Runde von Newcastle United vom Einzug in die Gruppenphase abgehalten wurde. Um vergleichbares zu erreichen, muß der NK Široki Brijeg gegenüber der heutigen Leistung eine deutliche Steigerung schaffen, aber vermutlich wird man wohl ausgiebig den Titel gefeiert haben und heute nicht mehr ganz auf der Höhe seines Leistungsvermögens sein. Die Führung der Hausherren kann man zwar noch mal ausgleichen und zweitweise sieht es sogar so aus, als sollte der Meister sich als das überlegene Team erweisen, aber wirklich torgefährlich sind die Gäste nur sehr selten und am Ende sieht man sich von den geschickt konternden Hausherren genarrt und geht mit einer 1:3-Niederlage vom Platz, über die sich freilich weder die Kicker der Gäste noch ihre mitgereisten Fans sonderlich ärgern - schließlich hat man ja den Titel zu feiern!

Ob der Fußball in Bosnien und Herzegowina auf das Publikum eine eher völkerverbindenden Wirkung hat wie oben spekuliert, ob man sich dabei zumindest gegenseitig toleriert oder die Fans Fußballspiele wie aus anderen früheren jugoslawischen Teilrepubliken berichtet als neuen Kriegsschauplatz nutzen, kann beim heutigen Spiel natürlich nicht geklärt werden, schließlich gehen zwei kroatische Teams an den Start. Problematisch scheint das Verhältnis der Fangruppen dann auch nicht zu sein, obwohl man entsprechend seinem lokalen Bezug offensichtlich unterschiedliche Teams in Kroatien unterstützt, deren Anhänger sich untereinander auch nicht gerade lieben: so haben die etwa 25 Anhänger aus Široki Brijeg einige Transparente dabei, aus denen ihre Unterstützung für Hajduk Split hervorgeht, während die heimischen Fans es da eher mit Dinamo Zagreb halten. Support gibt es überhaupt nur von Gästeseite, hier gibt es immer wieder Sprechchöre, in denen es natürlich - soviel ist auch für nicht der Sprache verständigen Leuten begreifbar - um die errungene Meisterschaft geht. Beim Intro zum zweiten Abschnitt lassen die Anhänger von Široki Brijeg dann auch noch etwas Rauch in den Himmel steigen. Von einem Anhänger der Hausherren ist im Gespräch noch zu erfahren, daß angeblich die Fans des HNK Orašje überwiegend nicht aus der Stadt selbst, sondern aus den umliegenden Dörfern kämen, denn die Bevölkerung der Stadt sei überwiegend muslimisch und die möge man hier sowieso nicht wie auch - in noch größerem Maße - die Serben. So weit scheint es denn also mit der Integration durch Fußball dann nicht her zu sein...

Das Novi Stadion Orašje ist auf drei Seiten nicht ausgebaut und verfügt nur auf einer Längsseite über eine Tribüne, die etwas hochgesetzt gebaut über Außentreppen zu erreichen ist und von hinten über eine gelbangestrichene Ladenpassage verfügt. Hier ist auch eine Vereinskneipe installiert. Hier findet das oben kurz angerissene Gespräch statt und aus der Kneipe hat man Zugang ins Innere der Tribüne selbst, wo die Umkleidekabinen und sanitären Einrichtungen untergebraucht sind. Die Tribüne ist nahezu ganz mit roten Schalensitzen ausgestattet und nach vorne mit einem Metallgeländer in gleicher Farbe gesichert. Eine echte Überdachung gibt es nicht, allerdings gibt es insgesamt drei Bögen, unter denen man ein wenig Schutz vor Regen suchen kann und der größte davon - exakt in der Mitte der Tribüne - überspannt auch ein paar Sitze, allerdings keine nennenswerte Zahl - vielleicht sind es 25. Dieser Bereich und ein paar Reihen davor sind mit einem weißen Geländer gegen die “Außenwelt” abgegrenzt, das allerdings eine Tür hat, die über weite Phasen offensteht und nicht kontrolliert wird, so daß nicht ganz klar ist, ob es sich eigentlich um einen VIP-Bereich handeln soll oder nicht - Fakt ist jedenfalls, daß hier gerade zu Beginn der Partie, als es etwas stärker regnet, reger Andrang herrscht. Der linke äußere Block der Tribüne ist ganz ohne Sitze und auf diesen Stehplätzen sind die Gästefans untergebracht und mit einem kleinen Geländer separiert, das allerdings gerade mal hüfthoch ist - ein Indiz, daß nicht mit echten Problemen bei Meisterschaftsspielen gerechnet wird und das gilt wohl auch besonders heute, wo nur eine Handvoll Polizisten in der Nähe des Gästeblocks rumlungern und das Spiel verfolgen. Hinter den Toren gibt es überhaupt keinen Ausbau, auf der Gegenseite sind nur noch die Trainerbänke aufgestellt und dahinter kommt ein roter Container, auf den ein Türmchen aufgesetzt ist, das als Plattform für zwei Kameraleute dient.

Info

Zu diesen Bericht haben wir die folgende Mail erhalten: wollte nur mal so nebenbei grüßen und ihnen mitteilen das ich ganz zuverllich an ihre hp gestolpert bin. Ich komme aus Siroki Brijeg, Herzegowina. Ich habe den bericht gelesen aus dem spiel gegen Orasje und einige sachen sind einfach nicht so wie sie es geschrieben haben, wie z.b. transparente von Hajduk Split usw, weil wir haben unsere eigenen und die von Hajduk oder Dinamo tragen wir nicht. Das wird von uns beachtet. Wir wissen nicht mehr, woraus wir auf Sympathien zwischen Siroki Brijeg und Hajduk Split geschlossen haben, vielleicht hat es sich um ein Mißverständnis gehandelt. Besonders wichtig ist es ja eigentlich auch nicht... ;-)

Info