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FK Austria Wien |
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12.07.2003, Austria, Franz-Horr-Stadion, Supercup |
In Österreich hat das Sponsorentum bereits Ausmaße erreicht, vor denen Traditionalisten und Fans in
Deutschland häufig warnen. So spielen heute offiziell nicht FK Austria Wien und FC Austria Kärnten um
den Superpokal, sondern der FC Austria Memphis Magna und FC Kelag Kärnten um den T-Mobile Supercup. Selbst
weniger traditionalistisch gesonnene Fußballfreunde werden wohl die ständigen Namensänderungen, denen die
Clubs in der Alpenrepublik unterworfen sind, mit gemischten Gefühlen sehen und auch die Frage, ob sich das
Vereinszeichen der Hauptstädter beim Übergang vom FK Austria Wien zum FC Austria Memphis zum Vorteil verändert
hat, wird sicherlich nicht von jedem mit ja beantwortet werden. Ungeteilte Zustimmung wird man wohl dafür für
die Aussage bekommen, daß die letzte Saison ganz im Zeichen der Austria gestanden hat. Das Team konnte den
Titel mit weitem Abstand vor dem Grazer AK und vor allem die Fans der Veilchen wird es zusätzlich begeistern,
daß der ungeliebte Lokalrivale Rapid mit dem vierten Platz auch noch die UEFA-Cup-Qualifikation verpaßte. Den
Pokal sicherten sich die Wiener ebenfalls mit einem sicheren 3:0 Sieg über den heutigen Gegner, für den das
Superpokal-Finale also eine Art Pokal-Revanche darstellt. Die Supercup-Revanche folgt dann übrigens direkt auf
dem Fuß, bereits Mittwoch der kommenden Woche sehen sich die beiden Teams in Kärnten wieder, wenn die Bundesliga
in die neue Saison startet.
In der heutigen Partie sind die Gewichte keineswegs so eindeutig verteilt, wie es das Ergebnis des Pokalendspiels
aussagen würde. Zwar präsentieren sich die Wiener zunächst kombinationssicherer und gefährlicher und streichen
bereits in der 7. Minute die Ernte in Form des Treffers zum 1:0 ein, danach kommt man aber ein wenig aus dem Tritt,
so daß die zunächst mit wenig Selbstvertauen agierenden Kärntener besser ins Spiel kommen. Als dann nach 19 Minuten
der Ausgleich fällt, ist das Spiel auch von den Anteilen her wieder völlig offen. Tatsächlich hat der Außenseiter
über weite Strecken der ersten und zu Beginn der zweiten Hälfte eher die besseren Chancen, wobei die Abwehr von
Austria vor allem bei Standardsituationen nicht immer einen sicheren Eindruck macht. Im Verlauf der zweiten Hälfte verflacht das Niveau dann aber zusehens und eine gute Viertelstunde vor Schluß scheint alles auf ein Remis nach der regulären Spielzeit
hinauszulaufen. Als aber gerade der Stadionsprecher beginnt, die Regelung für die Verlängerung zu erklären, werden
derartige Überlegungen mit einem satten Schuß aus zweiter Reihe ad absurdum geführt, der zum sicherlich schönsten
Treffer der Partie führt und der Austria ein Jubiläum in Form des 50. nationalen Titels bringt, den man sich auf
den Briefkopf drucken darf. Bei 22 Meistertiteln, 23 Pokalsiegen und jetzt dem 5. Erfolg im Supercup dürfte es auf
dem Briefpapier der Hauptstädter etwas eng werden.
Ein paar Dutzend Gästefans haben sich auch in Wien eingefunden und präsentieren zu Intro und Ausgleich einige Schwenkfahnen, die überwiegende Mehrheit der Anwesenden gehört jedoch zur Gefolgschaft der Veilchen. Hier hat man zahlreiche Transparente mitgeracht, u. a. ein Pro und ein Kontra-Statement zum umstrittenen Neuzugang Ivo Vastic ("Ivo ist keiner von uns! Ivo Vastic - Nein Danke!" gegen "Ivo: Du hast eine faire Chance verdient") und zahlreiche Transparente der verschiedenen Fanclubs, die zum Teil auf martialische Namen hören wie "Maniacs Austria Wien" und "Bulldogs". Eine Zaunfahne trägt übrigens auch die Aufschrift "Austria Memphis" und zeigt so, daß zumindest Teile der Fanszene die Namensänderung zu akzeptieren scheinen. Zu hören ist nur etwas von den Austria-Supportern, die recht durchgängig mit Stimme und Trommel supporten und die in der zweiten Halbzeit aufziehende Ordnungsmacht mit "Hurra! Hurra! Die Polizei ist da!" begrüßen.
Das Franz-Horr-Stadion, in dem die Austria seit 1982 ihre Heimspiele austrägt, gehört nicht unbedingt zu den
neueren Anlagen dieser Welt und verfügt mit 11800 Plätzen auch über eine eher bescheidene Zuschauerkapazität, kann dafür aber mit sprödem Charme und vier bauartlich unterschiedlichen Tribünen durchaus überzeugen. Die einfachste Variante ist hinter dem einen Tor auf der Ostseite, auf der auch die Gästefans untergebracht sind und die komplett - inklusive der Sitzbänke - aus Aluminium gefertigt ist. Keine Sitzgelegenheiten sind hinter dem anderen Tor zu finden, dort gibt es einfach Betonstufen, dafür verfügt diese Tribüne über ein Dach, auf dessen Vorderfront zu lesen ist "Franz-Horr Stadion Austria Memphis - Westtribüne". Oberhalb des Daches ist eine parallel laufende Stange zu finden, an der ein paar Strahler befestigt sind, die heute jedoch nicht betrieben werden, im Gegensatz zu den bei Helligkeit allerdings unnötigerweise eingeschalteten Flutlichstrahlern an den Masten in den Stadionecken, die übrigens zwischen den Tribünen größere Freibereiche enthalten, in denen es nicht für das Publikum freigegebene Graswälle gibt. Auf den Seiten gibt es einmal die doppelstöckige Südtribüne, in deren Mitte es einen sogenannten "Golden Vip"-Bereich gibt und die vergleichbar hohe, aber nicht in Ränge unterteilte Nordtribüne. Auf diesen beiden Tribünen setzt man sich auf metallene Klappsitze, die im Süden in Grau, im Norden in Rot und Weiß gehalten sind. Positiv fällt auf jeden Fall die Enge der reinen Fußballanlage auf, die ein wenig an ältere englische Spielorte erinnert. Hypermodern ist allerdings die Anzeigetafel in der Diagonale zwischen Nord- und Osttribüne, die mit Multimediafähigkeit glänzt und auf der man die Tore noch mal in Zeitlupe bestaunen kann. Dafür ist ihre Kollegin oberhalb der unüberdachten Hintertortribüne zumindest virtuell schon mal aufs Altenteil geschoben worden, auch wenn sie ihren Platz noch nicht räumen mußte. Es spricht übrigens einiges dafür, daß die Anlage in der nächsten Zeit erhalten bleiben wird - Ausbaupläne sind nicht bekannt und auch die Euro 2008 wird wohl keine Auswirkungen auf das Stadion haben, das übrigens bis zum Jahre 1974 WFV-Stadion hieß, beschränkt man sich doch in der österreichischen Hauptstadt auf das Ernst-Happel-Stadion als EM-Spielort.
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