FSV Frankfurt |
13.09.2009, Stadion Bornheimer Hang, 2. Bundesliga |
1899 wurde der Fußballsportverein Frankfurt gegründet und die größte Zeit hatten die Kicker aus dem Stadtteil Bornheim vor dem zweiten Weltkrieg, als man 1925 im Finale um die deutsche Meisterschaft stand und 1938 im Endspiel um den DFB-Pokal, jedoch gegen den 1. FC Nürnberg (0:1 n.V.) und den SK Rapid Wien (1:3) unterlag. Aber auch nach dem Krieg war man als Oberligist durchgängig erstklassig, bis man ausgerechnet zur letzten Oberligasaison 1962/63 abstieg, und seither kam man nie wieder ins
deutsche Oberhaus zurück und war teilweise als Hessenligist nur noch viertklassig. Vor zwei Jahren gelang dann der überrraschende Durchmarsch durch die Regionalliga Süd und in der letzten Saison sicherte man sich erneut gegen alle Wettquoten mit einer starken Rückrunde den Klassenerhalt in der 2. Liga. Gar nicht so unähnlich ist die Geschichte des FC St. Pauli. Für ein Endspiel reichte es zwar nie bei den Hamburgern, aber man erreichte die eine oder andere Endrunde zur deutschen Meisterschaft und hielt sich zu Bundesligazeiten meist auf zweiter Ebene auf - nachdem man 1975 erstmalig in die zweitklassige Regionalliga aufgestieen war und mit gelegentlichen Abstechern nach unten und oben. Nach vier Jahren in der gleichnamigen Spielklasse auf Level 3 schafften die Braun-Weißen
2007 die Rückkehr in die zweite Liga, und da hat man sich inzwischen von einem Abstiegskandidaten zu einem Team oberer Tabellenbereiche entwickelt und nach 5:0- und 4:0-Auswärtssiegen in Aachen und Karlsruhe gehen die Einschätzungen auseinander, ob die Hamburger ein echter Titelaspirant sind, aber Fakt ist, daß St. Pauli mit einem Sieg am heutigen Tag Tabellenführer werden könnte, während der FSV schon vor Anstoß mit einem Punkt aus drei Spielen mal wieder ganz unten in der Tabelle zu finden ist.
Nach weniger als einer Minute ist die Partie bereits gelaufen - oder zumindest hat es den Anschein, denn kaum jemand dürfte einem frustrierten Tabellenletzten zutrauen, noch viel gegen die "Auswärts-Tormaschine" der Liga auszurichten, nachdem die Gäste zu diesem Zeitpunkt durch einen Kopfball von Ebbers in Führung gehen. Tatsächlich geht es etwas anders weiter als erwartet, denn nur zwei Minuten später kommt der FSV zum Ausgleich, und jetzt stürzen die
"Götter in Schwarzblau" die von der Aufmüpfigkeit der Hessen überraschten und in der Abwehr allzu sorglos agierenden Hamburger von einer Verlegenheit in die nächste. Bezeichnend, daß es am Ende ein Abwehrspieler der Gäste ist, der für die Führung der Bornheimer sorgt, als Ralph Gunesch als erster am Ball ist und das Leder ins eigene Netz "klärt". Nach dem Seitenwechsel versuchen die Hamburger gegen zunehmend defensiv agierende Gastgeber ihr Heil in der Offensive, stellen die Abwehr des FSV aber kaum vor Probleme, und so ist die Partie gelaufen. Jedenfalls scheint es abermals so, und wieder erweist sich der Anschein als trügerisch. Eine schöne Einzelaktion von Charles Takyi, der zunächst Frankfurts Patric Klandt aussteigen läßt und dann den Ball ins lange Ecke schiebt, sorgt für den Ausgleich, und ein Sonntagschuß von Matthias Lehman trifft nicht nur aus 16 Metern in den Winkel, sondern auch den FSV ins Herz, denn noch mal finden die Bornheimer nicht die Energie, sich gegen die drohende Niederlage zu stemmen.
Als man sich 1995 zum ersten Mal in der 2. Liga begnete, war der FSV Frankfurt am vorletzten Spieltag bereits weit abgeschlagener Absteiger, während der FC St. Pauli die Punkte für den Aufstieg benötigte. Damals empfahlen die Heimfans ihren Schützlingen beim Stand
von 1:1 per Sprechchor "Helft St. Pauli" und am Ende gewannen die Kiezkicker mit 3:1 und stiegen in die Bundesliga auf. Ganz so weit geht die gegenseitige Partie so früh in der Saison natürlich nicht, und beide Fangruppen wollen heute die Punkte beim eigenen Team sehen, aber die Freundschaft ist geblieben, so daß man am Vorabend eine gemeinsame Partie macht und sich am Spieltag gegenseitig pfleglich behandelt. Dabei geben die Gäste das bessere Bild ab, hat man doch eine ganze Menge Fahnen im Gepäck und sorgt für lautstarken Support, während bei den traditionell nicht eben als Zuschauerkrösus geltenden Bornheimern alles eine Nummer kleiner abläuft. Letztendlich wird man das heutige Spiel wohl auf beiden Seiten in halbwegs guter Erinnerung behalten, wobei die Anhänger der Gastgeber sicherlich den ein bis drei verschenkten Punkten nachtrauern dürften.
Vom alten Bornheimer Hang, einem offenen Oval mit Traversen hinter den Toren und auf der Gegenseite und einer überdachten Haupttribüne, ist nicht viel geblieben. Um genau zu sein, ist es exakt diese Haupttribüne, die noch an die alte Anlage erinnert, und auch ihre Tage scheinen gezählt zu sein, da sie zur kommenden Saison abgerissen und durch eine neue - doppelstöckige - Variante ersetzt werden
soll - allerdings ist abzuwarten, ob das auch im Falle des Abstiegs so durchgezogen wird. Die Gegenseite wird heute von einer überdachten Tribüne mit blauen und schwarzen Sitzen geziert, wobei das Dach sehr hoch und ohne Rückwand über den Zuschauern schwebt und nicht bei jeder denkbaren Wetterlage einen Schutz vor dem Regen bieten kann. Am bequemsten sind die Sitze davor - nämlich auf den Auswechselbänken, die mit einer Art Fernsehsessel ausgestattet sind. Hinter den Toren gibt es offene Traversen, die freilich durch das
Entfernen der Laufbahn deutlich näher an den Platz gerückt sind. Weitere Traversen gibt es als Verlängerung der Gegenseite nach außen, und hier stellt sich wirklich die Sinnfrage, denn sie würden gute Plätze zum Verfolgen der Partie bieten - und das ohne Bezahlung - und sind deshalb mit Baustellenband gesperrt. Es heißt, dem Architekten habe hier eine "Begegnungsstätte" vorgeschwebt, allerdings scheint diese Art der Begegnung bei den FSV-Verantwortlichen auf eher wenig Sympathie zu stoßen, und das hätte man sich ja vielleicht auch vorher überlegen und den Bereich von vorne herein weglassen können.
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