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Sachsen Leipzig |
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07.03.2004, Zentralstadion, Regionalliga Nord |
Der FC Sachsen Leipzig - für viele seine Anhänger nach wie vor die BSG Chemie - hat beim letzten Heimspiel der
Vorrunde zumindest vorläufig Abschied vom Alfred-Kunze-Sportpark genommen und tritt heute anläßlich der offiziellen
Neueröffnung des neu aufgebauten Leipziger Zentralstadions gegen den 1. FC Lokomotive Leipzig an, jedenfalls gewissermaßen.
Eigentlich heißt der Gegner am heutigen Tag Borussia Dortmund, da der Regionalligaspielplan die Amateure des Bundesligisten
als Eröffnungsgast vorgesehen hat, doch aufgrund der Tatsache, daß die Fans des VfB Leipzig - Nachfolger von Lokomotive -
die Anlage für ihr eigenes Stadion halten und der verhaßte FC Chemie ohnehin nicht mehr als ein Vorortverein für die Lokisten
ist, ist für den heutigen Tag eine Fandemo der Blau-Weißen (bzw. Blau-Gelben) angemeldet worden, die ihr Ende im Gästeblock
des Stadions findet, wo man sich natürlich nicht unbedingt einfindet, um die Trommel für den Lokalrivalen zu rühren. Für einen
Stadtteilverein halten sich die Anhänger von Chemie sicherlich auch, nur daß bei ihnen Leutzscher ein Ehrentitel ist, und von
daher wird der Umzug auch beim Anhang der Hausherren durchaus kritisch gesehen und nicht wenigen wäre die sofortige Rückkehr in
den Kunze-Sportpark die liebste Lösung. Wenn man nach der Vereinsführung - und dem anderen, eher kleineren Teil der Fans - geht,
sieht die Zukunft des Teams freilich anders aus. Kurzfristig will man in der Regionalliga bleiben, was wohl schwer genug werden
wird, mittelfristig soll es aufwärts Richtung Profifußball gehen, so daß man schrittweise ein vorzeigbares Heimteam für eine
Anlage wie das hochmoderne Zentralstadion werden will.
Moralisch mag es heute eher gegen den 1. FC Lok gehen als gegen den BV Borussia, auf dem Rasen freilich sind die Nachwuchskicker aus
Dortmund
allerdings Gegner genug für Sachsen. Um genau zu sein präsentieren sich die Gelb-Schwarzen über weite Strecken als überlegenes Team und
sind den biederen Hausherren vor allem spielerisch ein ganzes Stück überlegen, obwohl auch bei den Gästen bei weitem nicht alles zusammenläuft und man sich einige Unsicherheiten im Spielaufbau leistet. Dennoch haben die Gäste das Geschehen weitgehend unter Kontrolle und es ist sicherlich nicht
unverdient, als Gambino im zweiten Abschnitt das Leder zum 1:0 für Borussia im Tor unterbringt. Danach versuchen die Hausherren, noch mal mehr für's Spiel zu tun, aber so richtig gefährlich wird es selten im Strafraum der Ruhrgebietler und am Ende bleibt es bei der Niederlage, die die Sachsen im Kampf um den Klassenerhalt erst mal wieder zurückwirft. Die Hausherren verpassen die Chance, auf die vor ihnen einen Nicht-Abstiegsplatz einnehmenden Amateure des 1. FC Köln aufzuschließen und stehen erst mal weiter mit drei Punkten Rückstand zum rettenden Ufer da, während Borussia Dortmund den Kontakt zur Spitzengruppe hält und bei einem Spiel Rückstand nur mit zwei Punkten hinter dem zweitplazierten Dynamo Dresden steht.
Während der Partie gibt es logischerweise drei Fanblöcke, deren kleinster etwa 150 Menschen stark ist und in einem
Diagonalbereich für den Support der Gäste sorgt. Hier hat man sich mit ein paar Fahnen und ähnlichem eingefunden und versucht, während der Partie hörbar zu sein, was freilich durch den direkt daneben postierten Lok-Block schwierig wird, in dem eine vierstellige Zahl von Leuten für Beschimpfungen der Hausherren und Zelebrierung des nicht anwesenden und möglicherweise kurz vor der Liquidierung stehenden Lokalrivalen sorgen, selten aber auch mal ein wenig Anfeuerung für Dortmund hören lassen, genug davon jedenfalls, daß sich die siegreiche Gästemannschaft auch kurz beim Lok-Block für die Unterstützung bedankt. Die Lok-Fans werden übrigens nach ihrem Demozug mit massig Polizeisicherung in den Block geleitet, wobei die Demonstration auch von oben per Hubschrauber beobachtet wird, was wohl am Image der Anhänger des VfB liegt, die als äußerst gewaltbereit gelten, was wohl die Verantwortlichen dazu bringt, mit starker Präsenz der Ordnungsmacht jede Beschmutzung der Eröffnungsveranstaltung eines der neuen WM-Stadion zu verhindern. Ob es daran liegt, kann nur vermutet werden, auf jeden Fall bleibt die gesamte Aktion der Lok/VfB-Fans friedlich, die übrigens unter dem Motto "Hurrah, wir leben noch" steht - was bei Ablehung des Insolvenzplans für den VfB selbst vielleicht nur noch für kurze Zeit gilt. Hinter dem Tor gegenüber sollen die Chemiker ihre neue Heimat finden und zeitweise liefern sie auch einen recht guten Support ab, müssen aber feststellen, daß es viel schwerer ist, das immer noch riesige Zentral-Stadion in einen Hexenkessel zu verwandeln als ihren eigenen Alfred-Kunze-Sportpark, zumal es von den Seitentribünen wenig Unterstützung gibt - wohl auch eine Erfahrung, die sich mit dem deckt, was in vielen anderen großen Stadien zu beobachten ist. Immerhin kann sich am Ende der Partie der Kassenchef vom FC Sachsen freuen - mit so großer Resonanz hat man selbst am Vortag, als bereits 20000 Tickets verkauft waren, nicht gerechnet - und dazu kommt der Stolz, einen Rekord für die Regionalliga Nord aufgestellt zu haben, der gleichzeitig Saisonbestleistung für beide Regionalligen ist.
Das Zentralstadion ist wie bereits erwähnt eine hochmoderne Anlage, die durchaus zu gefallen weiß, aus Fansicht aber sicher
auch ihre Schattenseiten hat. Behoben werden wird mittelfristig sicherlich das Problem, daß noch viele der Anfahrtswege nicht befestigt sind und es so teilweise zu mehr Begegnungen mit Schlamm und Staub kommt, als vielen Besuchern der Anlage lieb ist. Vielen wird es aber sicherlich auch nicht behagen, daß das Zentralstadion als Allseater ausgelegt ist und da wird es wohl nicht so bald Abhilfe geben. Die Bestuhlung der auf den Längsseiten doppelstöckigen Anlage bietet gut 42000 Leuten Platz und ist übrigens komplett in Türkis und Mattblau gehalten - offensichtlich haben sich die Konstrukteure gescheut, durch eine entsprechende Farbgebung für einen Bezug zu einem der beiden Leipziger Clubs zu sorgen. Diese Oberränge der Längsseiten sind übrigens mit einer recht originellen, auf Säulen ruhenden Konstruktion mehr oder weniger "freischwebend" über den unteren Rang gebaut, so daß man beim Betreten des Stadions von oben zwischen den beiden Rängen auf den Platz schauen kann. Sie sind zur Mitte hin abgerundet, was zusammen mit der geschwungenen Zeichnung der Sitze für einen wellenartigen Eindruck beim Betrachter sorgt. Eigentlich sollten beide Oberränge heute komplett freigehalten werden, doch angesichts des großen Andrangs kommt es dann doch zur Freigabe auf einer Seite. Das Zentralstadion ist eine sehenswerte Anlage, die wirklich im besseren Sinne modern ist, aber dennoch aus Fansicht sicher so bald nicht aus der Kritik kommen wird, zumal man kaum davon ausgehen kann, daß Sachsen Leipzig auch in der Zukunft derartige Mengen von Zuschauern zum Besuch motivieren kann, so daß absehbar ist, daß bald auch noch über die im Vergleich zum erwartenden Durchschnittsbesuch doch sehr üppige Auslegung der Anlage diskutiert werden wird, denn die ist nun einmal hauptsächlich als Spielort der WM 2006 konzipiert und nicht als Heim für einen drittklassigen Fußballverein.
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