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ŁKS Łódź |
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16.03.2007, Stadion ŁKS, Ekstraklasa |
Die Partie ŁKS Łódź gegen Widzew Łódź gilt als eins der brisantesten
Derbies im polnischen, wenn nicht gar im europäischen Fußball.
Die
beiden Teams wurden innerhalb weniger Jahre - ŁKS 1908 und Widzew 1910
- gegründet, aber Widzew blieb lange Zeit ein eher unbedeutender
Stadtteilclub, so daß die Anhänger von ŁKS auch heute noch den
Spitznamen "die Bauern" für den Lokalrivalen nutzen und nicht müde
werden, drauf hinzuweisen, daß sie das eigentliche Team der
zweitgrößten Stadt des Landes seien. Ganz richtig ist das inzwischen
objektiv nicht mehr, denn Widzew hat vor allem in den erfolgreichsten
Jahren des Teams auch Anhänger in verschiedenen Stadtteilen Łódźs
rekrutieren können, wie auch die Popularität im ganzen Land gestiegen
ist. Immerhin viermal konnten die Vorstädter zwischen 1981 und 1997
die Meisterschaft erringen und zusätzlich steht ein Pokalsieg von 1985
zu Buche, während ŁKS zweimal 1958 und 1998 den Titel gewinnen konnte.
Zwischendurch sind beide Clubs aus der polnischen Eliteliga
abgestiegen, in der vergangenen Saison jedoch kehrte man als Meister
(Widzew) und Vizemeister der zweiten Liga in die Eliteklasse zurück, so
daß das Łódźer Derby in der laufenden Spielzeit zum erstenmal seit der
Saison 1999/2000 wieder im Rahmen der Topklasse Polens stattfindet.
Eigentlich dürfte das heutige Spiel eine recht klare Angelegenheit werden, denn die Hausherren liegen mit 30 Punkten auf
Tabellenplatz
vier und haben sich wesentlich besser in der neuen Spielklasse
etablieren können als der Rivale, der an elfter Stelle liegend um den
Klassenerhalt bangen muß und mit 16 Zählern kaum mehr als die Hälfte an
Punkten erringen konnte. Die Derbygeschichte jedoch spricht eindeutig
gegen den ŁKS, der seit 1997 nicht mehr gegen Widzew gewinnen konnte
und sogar noch länger - seit 1992 - auf einen Heimsieg wartet. Die
Partie gerät am heutigen Tag zu einem Langweiler, wobei der leicht
überlegene ŁKS ebensowenig zu zwingenden Tormöglichkeiten kommt wie
sein Lokalrivale und so plätschert das Geschehen auf dem Rasen relativ
früh nur noch so dahin, daß ein torloses Remis fast unausweichlich
scheint und dabei bleibt es dann am Ende auch.
Zum
Intro präsentieren die ŁKS-Fans eine Schalparade zusammen mit einem
großen Transparent und zwei Blockfahnen, in denen ihre Sichtweise
der Anreise der Widzew-Fans als Bauern-Ausflug thematisiert wird. Die
Gästefans zeigen Transparente, auf denen es heißt "Unwichtig wie
viel von uns hineindürfen - wichtig ist, wer in Łódź regiert" und
spielen damit darauf an, daß nur Tickets für 400 Anhänger der Gäste bei der
heutigen Partie vergeben wurden. Im weiteren wird der Support teilweise
für ein so offenes Stadion wie hier bemerkenswert laut, wobei die
Atmosphäre doch unter der geringen Zahl von Widzew-Fans leidet, die
zumeist kaum zu hören sind. Zur zweiten Halbzeit gibt es eine zweite
kleine Choreographie auf Heimseite, bei der mit einer Karte von Łódź
und Umgebung wohl noch mal auf die eigene Rolle als Team der Stadt und
vermeintliche Rolle des Rivalen als die "Dorfdeppen vom Land"
verwiesen wird und danach gibt es eine Luftballon-Choreographie. Direkt
im Anschluß daran scheint die Situation kurz zu eskalieren, als beide
Seiten einen Platzsturm probieren, aber man läßt sich von den
herbeigeeilten Polizisten doch recht bereitwillig in den jeweiligen
Block zurückdrängen, wo direkt im Anschluß jeweils ein bei einer
früheren Gelegenheit "erbeutetes" Banner des Gegners in Brand gesetzt
wird und auf ŁKS-Seite auch ein paar Widzew-Schals dem Feuer
überantwortet werden. Die Polizei hat inzwischen die Wasserwerfer
aufgefahren, die auch auf die Fanblöcke gerichtet werden, jedoch nicht
zum Einsatz kommen. Am Ende gibt es dann noch eine Fanaktion der
ŁKS-Anhänger, die vor dem Banner vom Intro, das während der Partie
immer wieder mal an unterschiedlichen Stellen zum Einsatz gekommen ist,
zahlreiche Fahnen in Rot-Weiß und Rot-Gelb zu zeigen haben. Am Ende
kann man der Partie einen wirklich guten Support bezeichnen, der zwar
nicht ganz die Intensität erreicht hat, die man von einem solchen Derby
erwarten dürfte, was aber wohl hauptsächlich an der so stark
beschnittenen Zahl von Gästefans gelegen haben dürfte.
Negativ
betrachtet könnte man das Stadion ŁKS als "alte Bruchbude" titulieren,
aber leztendlich bezieht es seinen Charme gerade daraus,
daß es sich eben nicht als hypermoderne Anlage präsentiert. Wirklich
zeitgemäß ist es natürlich nicht mehr, denn zum einen ist die Anlage
als sehr weitläufiges Oval angelegt, in dem man von den meisten Plätzen
einen recht großen Abstand zur Spielfläche hat und zum anderen verfügt
nicht einmal die eine freistehenden Tribüne, die über die Ränge, die
ansonsten rund um die Anlage verlaufen, hinausragt, über eine
Überdachung. Der untere Teil dieser Tribüne ist wie der Großteil des
Stadions mit Betonstufen ausgestattet, im oberen Bereich kann man auf
Holzbänken Platz nehmen, wobei eigentlich alle Besucher der Partie das
Geschehen im Stehen verfolgen. In der Diagonale zwischen einem
Hintertorbereich und der Gegenseite gibt es dann auch noch ein paar
Sitzschalen, aber gerade diese Blöcke sind am heutigen Tag nicht in
Benutzung, so wie überhaupt ein großer Teil der Anlage abgesperrt ist.
Die Gesamtzuschauerzahl wurde für heute auf 9000 begrenzt, allerdings
kann man mutmaßen, daß auch sonst nicht viel mehr gekommen wären, da
die Kassenhäuschen am Spieltag geöffnet haben - jedenfalls, wenn man
davon absieht, daß Widzew, wie die Erfahrung der letzten Spiele zeigt, bei nicht begrenzter Zahl von Gästefans wohl in einer Stärke von bis zu
4000 Leuten gekommen wäre.
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