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Ghana |
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22.06.2006, WM-Stadion Nürnberg / Frankenstadion, FIFA WM 2006 |
Hätte es vor der WM einen Wettbewerb gegeben, zu tippen, in welchen Gruppenspielen es nur noch um die Plätze drei und vier einer Gruppe gehen
würde, hätte der heutige Kick zwischen den Fußballverbänden von Ghana und den Vereinigten Staaten von Amerika wohl gute Chancen gehabt, die meisten Stimmen zu bekommen. Nach der ersten Runde der Gruppe, in der die Favoriten Tschechien und Italien ihre Einstiegskicks gegen die USA (3:0) und Ghana (1:0) gewannen, wäre die Quote wohl noch gestiegen. Doch weit gefehlt: Spieltag zwei brachte mit dem Sieg der Ghanaer über die Tschechische Republik (2:0) und dem Punktgewinn der US-Boys gegen Italien (1:1) zwei faustdicke Überraschungen und speziell die Westafrikaner haben ihr Schicksal plötzlich selbst in der Hand, denn bei einem Sieg im heutigen Spiel erreicht man auf jeden Fall das Achtelfinale auf Kosten eines der beiden Favoriten, wobei die Tschechen beim zeitgleichen Kick unbedingt einen Sieg benötigen, um sicher in den Ausscheidungsspielen dabei zu sein, während der italienischen Elf zum gleichen Zweck ein Remis reichen würde.
In der Anfangsphase ist das Spiel eher von Nervosität und Härte geprägt und es ist beiden Teams anzumerken, daß es um einiges geht, denn auch die Amerikaner
könnten mit einem Sieg und Schützenhilfe im anderen Spiel noch in die nächste Runde kommen. Das Team von Ghana schafft es nach und nach, die Hemmungen abzulegen und bringt die US-Mannschaft zunehmend in Verlegenheit, was auch zum 1:0 nach 23 Minuten führt. Der Treffer wird allerdings von einem dummen Ballverlust von Reyna begünstigt, der sich dabei auch noch verletzt, während Dramani unbedrängt einschlenzen kann. In der Folge drängen die Afrikaner auf eine Erhöhung ihrer Führung, während die USA im Spiel nach vorne nicht viel zustande bringt. Ghana kann jedoch gute Chancen nicht nutzen und kurz vor der Pause sind es dann die Amerikaner, die das Mittelfeld jetzt schneller überbrücken und zu Chancen kommen. Das zahlt sich in der 44. Minute aus, als das US-Team nach einem ghanaischen Ballverlust im Mittelfeld einen blitzartigen Konter startet, der zum Ausgleichstreffer durch Dempsey führt. Noch vor der Pause übernimmt Schiedsrichter Merk dann die Hauptrolle, als er nach einem harmlosen Zweikampf im Strafraum auf Elfmeter für Ghana entscheidet und den Afrikanern so eine Chance präsentiert, die Appiah nicht ungenutzt läßt. In der zweiten Hälfte bleibt Ghana das überlegene Team, beschränkt sich aber darauf die Führung zu verwalten, während die USA viel zu wenig Engagement zeigt, um sich noch mal ernsthaft gegen die Niederlage zu stemmen. Am Ende erreicht der WM-Neuling aus Westafrika das Achtelfinale - auf Kosten der Tschechen, die ihr Spiel mit 0:2 verloren haben.
Der Großteil der ghanaischen Fans haben in der Nordkurve hinter einem Tor Stellung bezogen, während der Großteil des US-Supports eher auf der
gegenüberliegenden Seite stattfindet. Die Ghanaer unterstützen ihr Team im Wesentlichen mit Sprechchören sowie mit Trommeln und Tanzen, während man auf beiden Seiten zahlreiche Landesfahnen im Gepäck hat und die Amerikaner zu einem größeren Anteil mit in Landesfarben geschminkten Gesichtern gekommen sind als die Anhänger ihrer Gegner. Im Spielverlauf wird die Stimmung auf ghanaischer Seite immer besser, wo die meisten Fans selbst mit einem Ausscheiden in der Gruppenphase gerechnet haben dürften und sich jetzt auf ein Achtelfinalspiel gegen Brasilien freuen dürfen. Unangenehm fallen mal wieder einige deutsche Zuschauer auf, die mit ihren Sinnlos-Sprechchören den Support der Anhänger der anwesenden Teams zu stören versuchen - ob bewußt oder aus Gedankenlosigkeit sei mal dahingestellt. Wie dem auch sei: eine echte Unterstützung für Ghana ist es jedenfalls nicht, Sprechchöre mit "Steht auf, wenn Ihr Ghana seid!" zu starten.
Das WM-Stadion Nürnberg - für den Ligabetrieb kürzlich von Frankenstadion auf einen Sponsorennamen umgetauft, der bei dem FIFA-Turnier natürlich nicht
genutzt werden darf - verfügt immer noch über die charakteristische achteckige Bauform, die es schon bei seinem Bau in den Jahren 1926 bis 1928 erhalten hat. Seither hat es zahlreiche Umbauten erlebt, die die Kapazität von 37000 auf 64238 steigen ließen, die später aufgrund der Versitzplatzung bei gut 45000 gelandet ist (bei gut 9000 verbliebenen Stehplätzen). Der letzte Umbau zur aktuellen Weltmeisterschaft sieht den Einsatz der Arena als Allseater vor, wie für die WM erforderlich, wobei Platz für 41000 Zuschauer bleibt, was zum Teil auch auf den für das Turnier wie überall drastisch vergrößerten Presse-Bereich zurückgeht (eigentlich sind für den Komplett-Sitzplatzbetrieb 2000 Plätze mehr ausgewiesen). Obwohl das Stadion seinen Reiz hat und die Sicht der Zuschauer im Rahmen des letzten Umbaus mit einer Absenkung des Spielfelds verbessert wurde, krankt die Anlage immer noch daran, daß es sich dabei um ein alles andere als zeitgemäßes Mehrzweckstadion mit Leichtathletikeinrichtungen handelt, bei dem man in den Kurven vergleichsweise weit vom Geschehen weg ist, außerdem ist die Sicht in den oberen Reihen wie in vielen Stadien durch die Dachkonstruktion beeinträchtigt, so daß die Sitze in diesem Bereich nur mit dem Prädikat "sichtbehindert" verkauft wurden.
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